I
Istranin
Guest
Es war der dritte Tag unseres Urlaubs im Ucka-Massiv.
Über familiäre Beziehungen hatten wir es geschafft, uns
für 4 Tage ins Hotel Ina am Poklon-Pass einzumieten.
Tatsächlich waren wir die einzigen Gäste, so dass uns
der Geschäftsführer am zweiten Tag die Schlüssel für das
gesamte Hotel überließ, um sich zu Hause besser um
seinen Hausausbau kümmern zu können –
ich fühlte mich an "Shinning" erinnert ;-)
Für den ersten Tag hatten wir uns eine kleine Akklima-
tisierungswanderung ausgesucht und uns am zweiten Tag
für eine schöne Streckenwanderung entschieden, bei der
wir unsere Ausrüstung noch einmal „testen“ konnten.
(Auch diese zwei ersten Tage wären einen Reisebericht wert ...
na, wer weiß).
Am dritten Tag stand sie nun an: Die Königsetappe.
Vom Poklon-Pass (ca. 750m) aus wollten wir uns auf
den Vojak (1.400m) kämpfen und dann den Abstieg
bis runter ans Meer nach Lovran (0m) genießen.
Also von 1400 runter auf Null.
Soweit die Theorie ....
Das große Problem war, dass ich mich am Vortag schwer
verkühlt hatte, bereits in der Nacht unter Schüttelfrost litt und
eindeutig Fieber hatte. Was tun? Wir hatten nur 4 Tage in der
Ucka gebucht – Verlängerung ausgeschlossen - und der
Wetterbericht für den morgigen Tag verhieß nichts Gutes.
Auch an diesem Tag war das Wetter nicht ideal. Ein Blick
durch das geöffnete Fenster zeigte uns, wie tief die Wolken hängen.
Aber was für mich viel wichtiger war: Ich hatte diesen
Urlaub über Wochen geplant, ich hatte über 25kg für diese
Wanderung abgenommen, ich hatte 4 Monate trainiert, weil ich
vorher noch nie gewandert war. Ich hatte mich wie ein Kind
auf diese „Königsetappe“ gefreut – und nun das ...
Aller Vernunft zum trotz sind wir dann doch aufgebrochen –
und haben es nicht bereut. Egal wie viele Wanderungen dieser
auch gefolgt sind, nie wurde die Königsetappe übertroffen!
Nach dem Frühstück sind wir also voller Elan und mit voller
Montur (Fotoausrüstung, Stativ, Wanderstab, Ersatzkleidung, Hundenahrung, Getränke ...)
vom Poklon-Pass auf den Vojak aufgebrochen.
Bei der Wanderhütte am Poklon dann die letzte Chance es sich
anders zu überlegen: Direkt runter nach Lovran, also ein
gemütlicher Abstieg von knapp 2 Stunden mit Blick auf das Meer –
oder doch erst der Aufstieg auf den Gipfel Istriens?
Mir ging es immer noch kodderig aber wir wollten unbedingt
beide da rauf!
Wie lange es wohl dauern mag, bis man oben angekommen ist?
Die alte Wandertafel schwieg sich beharrlich aus ...
Egal, erst einmal rauf. Der Tag war ja noch jung. An der
nächsten Kreuzung dann die Erkenntnis: 2 Stunden steiler
Anstieg von 800m auf 1.400m ...
Meine Frau und Maja machten die „Pace“ vorneweg.
Bergrauf war noch nie meine Stärke ;-)
Aber mit dem Fieber im Körper war ich zusätzlich gehemmt.
Während die beiden sich köstlich amüsierten ...
war ich bereits nach knapp 30 Minuten Aufstieg geschafft.
Ich dachte ernsthaft über den sofortigen Abstieg nach. Ich
denke, dass sieht man mir auch an ...
Der Wille siegte dann doch ;-)
Eine der großen Wanderregeln lautet: Nimm eine Uhr mit,
eine Karte und einen Kompass. Dazu ausreichend Nahrung
und Getränke sowie eventuell Ersatzkleidung ...
Tja, wir hatten alles mit ... nur keine Uhr. Ein schwerer Fehler,
der mir bei keiner Wanderung mehr passiert ist! Wir haben
uns den Berg raufgewuchtet, als bekämen wir Geld dafür.
Kurz vor dem Gipfel erinnerte ich mich dann an die Uhr-
Funktion in meiner Kamera:
Gerade kreuzten wir den letzten Bogen der kleinen Zufahrts-
straße zum Gipfel, welche im obersten Abschnitt Teil des
Wanderwegs ist, als ich bemerkte: Wow, statt der
angegebenen 2 Stunden hatten wir es in weniger als 100
Minuten bis zum Gipfel geschafft. Das – und der trotz des
Nebels geniale Ausblick – gab mir die Kraft, nun auch den Rest
der Wanderung anzugehen.
Erst einmal hieß es, Istrien von oben zu genießen!
Wer schon einmal auf dem Vojak war, weiß das dort
ein empfindlicher Wind weht, der einem die Kälte ins Mark
und Bein treibt. Also erst einmal runter vom Gipfel-Kamm
und einen Platz zum Rasten finden.
War ich bergrauf noch derjenige, den man mitziehen
musste, fand ich richtig gefallen am Abstieg und gab hier
richtig „Gas“. So kommt es denn auch, das es Bilder von
hinten und von vorne vom „Rest“ der Wandergemeinschaft gibt ;-)
So, jetzt aber erst einmal Pause, meine nassgeschwitzten
Wandersachen wechseln, ein kleines Picknick und sogar ein
Schläfchen für den Hund. Ja, in Istrien hat man halt noch
Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens.
Kurze Orientierungsphase und dann ab nach Lovran.
Ja, hier sind wir richtig.
Und dann kam die Erkenntnis: Nein, das oben am Gipfel
war nicht steil. Das hier ist steil!!!
Egal, der wunderschöne Ausblick entschädigt für alles.
Erstaunlich vor allem, wie viele biologische Zonen man in
so kurzer Zeit durchqueren kann: Vom kargen Mittelgebirge
in den Mischwald, dann in den klassischen Pinien- und
Kieferwald, hier weiter in den mediterranen Gürtel und dann
in die Macchia ... Toll – und irritierend zugleich. Die Trennung
des Waldes scheint wie mit einem Lineal gezogen zu sein:
Links dünkelgrüner Nadelwald, rechts hellgrüner Laubwald.
Zum späten Mittag durchschreiten wir dann den
istrischen Traumwald: Pinien und Kiefern verbreiten,
von der Sonne beschienen, ihren unnachahmlichen
harzigen Duft aus, die Grillen wetteifern in einem
unvergleichlichen Zirp-Konzert um unsere Aufmerksamkeit.
Über uns kreisen vereinzelt Raubvögel, unübertroffen in
ihrer Esthetik. Um uns herum also die echte und
unverfälschte istrische Natur – und wir alleine auf
unserer Wanderung.
Himmlisch.
Dann der Bruch: Wir durchschreiten den Wald und
stoßen oberhalb von Lovran wieder auf die zivilisierte
Welt. Wir sind nun auf knapp 250m Höhe und es stellt
sich die Frage: Zurück auf den Poklon –
oder runter ans Meer? Trotz der tausend Stufen aus der
alten römischen Zeit, trotz der anderthalben Stunden,
die uns das noch Kosten würde?
Keine wirklich schwere Entscheidung, oder?
Bei der Abkühlungsmöglichkeit ?! ;-)
Zurück zum Poklon haben wir uns dann ein Taxi gegönnt:
45 Euro und knapp 40 Minuten an Fahrt über die alten
Serpentinen, parallel zur unserer Königsetappe. Man was
waren wir stolz auf uns. Die Wanderung meines Lebens.
Bis heute ungeschlagen.
P.S.: Meine Frau wollte nicht in Großaufnahme ins Internet.
Ich respektiere das, daher die gesofteten Teile bei der "Portraits".
Über familiäre Beziehungen hatten wir es geschafft, uns
für 4 Tage ins Hotel Ina am Poklon-Pass einzumieten.
Tatsächlich waren wir die einzigen Gäste, so dass uns
der Geschäftsführer am zweiten Tag die Schlüssel für das
gesamte Hotel überließ, um sich zu Hause besser um
seinen Hausausbau kümmern zu können –
ich fühlte mich an "Shinning" erinnert ;-)
Für den ersten Tag hatten wir uns eine kleine Akklima-
tisierungswanderung ausgesucht und uns am zweiten Tag
für eine schöne Streckenwanderung entschieden, bei der
wir unsere Ausrüstung noch einmal „testen“ konnten.
(Auch diese zwei ersten Tage wären einen Reisebericht wert ...
na, wer weiß).
Am dritten Tag stand sie nun an: Die Königsetappe.
Vom Poklon-Pass (ca. 750m) aus wollten wir uns auf
den Vojak (1.400m) kämpfen und dann den Abstieg
bis runter ans Meer nach Lovran (0m) genießen.
Also von 1400 runter auf Null.
Soweit die Theorie ....
Das große Problem war, dass ich mich am Vortag schwer
verkühlt hatte, bereits in der Nacht unter Schüttelfrost litt und
eindeutig Fieber hatte. Was tun? Wir hatten nur 4 Tage in der
Ucka gebucht – Verlängerung ausgeschlossen - und der
Wetterbericht für den morgigen Tag verhieß nichts Gutes.
Auch an diesem Tag war das Wetter nicht ideal. Ein Blick
durch das geöffnete Fenster zeigte uns, wie tief die Wolken hängen.
Aber was für mich viel wichtiger war: Ich hatte diesen
Urlaub über Wochen geplant, ich hatte über 25kg für diese
Wanderung abgenommen, ich hatte 4 Monate trainiert, weil ich
vorher noch nie gewandert war. Ich hatte mich wie ein Kind
auf diese „Königsetappe“ gefreut – und nun das ...
Aller Vernunft zum trotz sind wir dann doch aufgebrochen –
und haben es nicht bereut. Egal wie viele Wanderungen dieser
auch gefolgt sind, nie wurde die Königsetappe übertroffen!
Nach dem Frühstück sind wir also voller Elan und mit voller
Montur (Fotoausrüstung, Stativ, Wanderstab, Ersatzkleidung, Hundenahrung, Getränke ...)
vom Poklon-Pass auf den Vojak aufgebrochen.
Bei der Wanderhütte am Poklon dann die letzte Chance es sich
anders zu überlegen: Direkt runter nach Lovran, also ein
gemütlicher Abstieg von knapp 2 Stunden mit Blick auf das Meer –
oder doch erst der Aufstieg auf den Gipfel Istriens?
Mir ging es immer noch kodderig aber wir wollten unbedingt
beide da rauf!
Wie lange es wohl dauern mag, bis man oben angekommen ist?
Die alte Wandertafel schwieg sich beharrlich aus ...
Egal, erst einmal rauf. Der Tag war ja noch jung. An der
nächsten Kreuzung dann die Erkenntnis: 2 Stunden steiler
Anstieg von 800m auf 1.400m ...
Meine Frau und Maja machten die „Pace“ vorneweg.
Bergrauf war noch nie meine Stärke ;-)
Aber mit dem Fieber im Körper war ich zusätzlich gehemmt.
Während die beiden sich köstlich amüsierten ...
war ich bereits nach knapp 30 Minuten Aufstieg geschafft.
Ich dachte ernsthaft über den sofortigen Abstieg nach. Ich
denke, dass sieht man mir auch an ...
Der Wille siegte dann doch ;-)
Eine der großen Wanderregeln lautet: Nimm eine Uhr mit,
eine Karte und einen Kompass. Dazu ausreichend Nahrung
und Getränke sowie eventuell Ersatzkleidung ...
Tja, wir hatten alles mit ... nur keine Uhr. Ein schwerer Fehler,
der mir bei keiner Wanderung mehr passiert ist! Wir haben
uns den Berg raufgewuchtet, als bekämen wir Geld dafür.
Kurz vor dem Gipfel erinnerte ich mich dann an die Uhr-
Funktion in meiner Kamera:
Gerade kreuzten wir den letzten Bogen der kleinen Zufahrts-
straße zum Gipfel, welche im obersten Abschnitt Teil des
Wanderwegs ist, als ich bemerkte: Wow, statt der
angegebenen 2 Stunden hatten wir es in weniger als 100
Minuten bis zum Gipfel geschafft. Das – und der trotz des
Nebels geniale Ausblick – gab mir die Kraft, nun auch den Rest
der Wanderung anzugehen.
Erst einmal hieß es, Istrien von oben zu genießen!
Wer schon einmal auf dem Vojak war, weiß das dort
ein empfindlicher Wind weht, der einem die Kälte ins Mark
und Bein treibt. Also erst einmal runter vom Gipfel-Kamm
und einen Platz zum Rasten finden.
War ich bergrauf noch derjenige, den man mitziehen
musste, fand ich richtig gefallen am Abstieg und gab hier
richtig „Gas“. So kommt es denn auch, das es Bilder von
hinten und von vorne vom „Rest“ der Wandergemeinschaft gibt ;-)
So, jetzt aber erst einmal Pause, meine nassgeschwitzten
Wandersachen wechseln, ein kleines Picknick und sogar ein
Schläfchen für den Hund. Ja, in Istrien hat man halt noch
Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens.
Kurze Orientierungsphase und dann ab nach Lovran.
Ja, hier sind wir richtig.
Und dann kam die Erkenntnis: Nein, das oben am Gipfel
war nicht steil. Das hier ist steil!!!
Egal, der wunderschöne Ausblick entschädigt für alles.
Erstaunlich vor allem, wie viele biologische Zonen man in
so kurzer Zeit durchqueren kann: Vom kargen Mittelgebirge
in den Mischwald, dann in den klassischen Pinien- und
Kieferwald, hier weiter in den mediterranen Gürtel und dann
in die Macchia ... Toll – und irritierend zugleich. Die Trennung
des Waldes scheint wie mit einem Lineal gezogen zu sein:
Links dünkelgrüner Nadelwald, rechts hellgrüner Laubwald.
Zum späten Mittag durchschreiten wir dann den
istrischen Traumwald: Pinien und Kiefern verbreiten,
von der Sonne beschienen, ihren unnachahmlichen
harzigen Duft aus, die Grillen wetteifern in einem
unvergleichlichen Zirp-Konzert um unsere Aufmerksamkeit.
Über uns kreisen vereinzelt Raubvögel, unübertroffen in
ihrer Esthetik. Um uns herum also die echte und
unverfälschte istrische Natur – und wir alleine auf
unserer Wanderung.
Himmlisch.
Dann der Bruch: Wir durchschreiten den Wald und
stoßen oberhalb von Lovran wieder auf die zivilisierte
Welt. Wir sind nun auf knapp 250m Höhe und es stellt
sich die Frage: Zurück auf den Poklon –
oder runter ans Meer? Trotz der tausend Stufen aus der
alten römischen Zeit, trotz der anderthalben Stunden,
die uns das noch Kosten würde?
Keine wirklich schwere Entscheidung, oder?
Bei der Abkühlungsmöglichkeit ?! ;-)
Zurück zum Poklon haben wir uns dann ein Taxi gegönnt:
45 Euro und knapp 40 Minuten an Fahrt über die alten
Serpentinen, parallel zur unserer Königsetappe. Man was
waren wir stolz auf uns. Die Wanderung meines Lebens.
Bis heute ungeschlagen.
P.S.: Meine Frau wollte nicht in Großaufnahme ins Internet.
Ich respektiere das, daher die gesofteten Teile bei der "Portraits".