Eisenbahner
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Hallo Forum,
heute möchte ich Euch auf einen kurzen Gang durch Rijeka mitnehmen. Mein Reiseführer hatte die Stadt ja quasi als nicht sehenswert eingestuft. Dem ist aber doch zu widersprechen.
Beginnen wir am Bahnhof, was für uns als Bahnreisende auch nahe liegt. Das Empfangsgebäude wurde 1889-91 errichtet vom ungarischen Architekten Ferenc Pfaff, der mit einer gleisseitig in das Gebäude eingelassenen Gedenktafel geehrt wurde. Der Bau weist an der Fassade zur Stadt hin einige klassizistische Elemente auf:
Ob es sich beim letzten Bild um kleine Einschusslöcher handelt, wissen wir nicht.
So sieht der Bahnhof gleisseitig aus:
Ein Zug aus Ogulin fährt ein:
Ein Schwertransportwaggon ist vor den markanten Speichergebäuden zu sehen:
Der Verkehr hält sich in Grenzen. Der dünne Abfahrtsplan zeigt auch, welche Bedeutung die Bahn in Kroatien gegenwärtig hat. Pünktlich nach Ostern und quasi mit Eröffnung der Saison verkündete der kroatische Verkehrsminister nochmals einschneidende Kürzungen bei den Verkehrsleistungen auf der Schiene. Dazu passt die Äußerung einer Kroatin, die meinte, sie fahre nie mit dem Zug und kenne auch niemanden, der mit dem Zug fahre ...
Das großzügige Empfangsgebäude bietet den relativ wenigen Reisenden, also uns auch, jede Menge Platz zum Organisieren, Umpacken, Picknicken, Ausruhen und was man sonst so bei Ankunft, Abfahrt, Umstieg so alles machen kann:
Teilweise ist der Lack ab:
Früher war dies wahrscheinlich einmal eine prominente bzw. beachtete Ecke im Bahnhof, denn hier hängt – heute völlig unbeachtet und wohl weitgehend vergessen in einem heruntergekommenen Durchgang – diese Tafel:
Erinnert wird an den faschistischen Terror, wie die Tafel sagt, und die Kämpfer dagegen:
In der Nähe des Bahnhofs steht auch dieses Denkmal:
Wir wissen nicht genau, was dieser Herr da gerade tut, es sieht so aus, als repariere oder sabotiere er mit seinem Gewehr das Gleis:
Die Straße vor dem Bahnhof erinnert mit ihrem Namen an König Kresimir IV., auch „der Große“ genannt, weil Kroatien unter seiner Regentschaft (1058-74) eine nicht wieder erreichte territoriale Größe hatte. Im Gegensatz zu dieser Pracht scheinen die Häuser im Bahnhofsviertel zu stehen. Hier scheint der sozialistische Zustand irgendwie eingefroren, an den Häusern wurde und wird wenig gemacht (warum? billiger Wohnraum, der nichts abwirft für Renovierungen?). Gerade deshalb aber versprüht dieses Viertel einen gewissen Charme (wenn wohl auch nur für uns als Besucher):
Die Häuser sind nicht einmal schmucklos, wie man z.B. hier sehen kann:
Wir ziehen weiter zur Anhöhe Trsat mit Burg und Marienwallfahrtskirche.Vom Hügel aus fallen die Hochhäuser Rijekas bei passendem Gegenlicht richtig auf:
Für die Bewohner aber sollte sich die Aussicht auf die Bucht wohl lohnen:
Von der Burg Trsat bietet sich u.a. auch dieser Blick auf die Autobahn, die viele von Euch schon befahren haben werden:
Die Burg von Trsat geht auf römische Ursprünge zurück. Allerdings ist das heute zu sehende Ensemble jünger, es erstand erst im 19. Jhdt. wieder auf aus Ruinen:
Blick nach unten auf den „Fluss“, welcher der Stadt den Namen gab:
Auf dem Weg zurück Richtung Wallfahrtskirche erleben wir noch ein Meisterschaftsspiel der Boca-Liga. Ein schönes Bild entschleunigten Lebens:
Die Kirche der Muttergottes von Trsat wird als ältester und bedeutender kroatischer Marienwallfahrtsort gesehen:
Der damalige Papst Johannes Paul II weilte 2003 hier zu einem Besuch. Seine Statue vor der Kirche weist blankgeriebene, betende Hände auf, und es ist auffallend, wie vielen Besuchern hier oben daran gelegen ist, diese Hände zu berühren und sich mit Johannes Paul II fotografieren zu lassen:
Was wir hier oben sehen, ist doch wirklich ein schönes Stück Rijeka und kann guten Gewissens für einen Besuch empfohlen werden. Der Stadtbus fährt für wenig Geld relativ häufig hier hoch, so dass man als Autofahrer auch Parkplatz-Stress vermeiden kann.
Weiter geht es dann von Rijeka Richtung Rovinj, zuerst per Bahnbus und dann per Triebwagen, in den wir auf dem kleinen Bahnhof Lupoglav umsteigen müssen. Hier muss gewartet werden, die Situation vor Ort scheint den Zustand der Bahn zu symbolisieren: Alle Signale stehen auf rot, der abgestellte Triebwagen ist zugeschmiert (wird aber so eingesetzt …):
Das verblassende Bahnhofsschild und die kleine Funzel passen da gerade ins Bild:
Ja Schwester, könnten Sie nicht einmal im Eisenbahnhimmel ein gutes Wort einlegen für die Bahn hierzulande, es ist teilweise doch zum Erbarmen?:
Oh ja, sie kann. Ein halbes Jahr später erfährt man, dass der Eisenbahnverkehr hier in Istrien nicht nur nicht eingestellt wird, sondern der grenzüberschreitende Verkehr über Buzet nach Slowenien sogar wieder verdoppelt wird – auf zwei Züge am Tag, mit saisonaler Direktverbindung bis Ljubljana.
Unser letzter Umstieg auf dem Weg nach Rovinj erfolgt dann in Kanfanar, gelegen an der Bahnlinie Divaca – Lupoglav – Pula. Hier wieder ein nettes Erlebnis. Wegen der Wartezeit in diesem kleinen, idyllisch-verschlafenen Bahnhof Kanfanar erkunden wir die Umgebung und stoßen wieder auf die Gleise, die hier teilweise original seit Ende des 19. Jahrhunderts liegen. Der Bahnhofsvorsteher ist zufrieden, dass man sich für den Betrieb interessiert. Er kennt uns übrigens seit Jahren, da wir immer die einzigen Touristen sind, die hier ankommen und abfahren – wohl ein skurriles Bild für die Gäste der Bahnhofsgaststätte. Der Mann mit der roten Mütze jedenfalls verabschiedet uns am Ende des Urlaubs immer auf Deutsch mit „Auf Wiedersehen und gute Fahrt!“, und nun, bei unserer Ankunft, bittet er uns in seine Diensträume und zeigt uns stolz die originale Sicherungstechnik mit den Stelltischen, auf denen die Gleisverhältnisse in Kanfanar zu sehen sind – übrigens einschließlich des in den 60er Jahren stillgelegten Abzweigs nach Rovinj:
Wir hören gespannt zu, während er uns auf Deutsch etwas zum Thema Bahn in Istrien erzählt und verpassen fast den Bus, der uns nach Rovinj bringt, unserem Zielort.
Von da können wir im nächsten Beitrag dann noch einige Impressionen zeigen.
Danke für die Aufmerksamkeit, einen schönen Sonntag wünscht der
Eisenbahner
heute möchte ich Euch auf einen kurzen Gang durch Rijeka mitnehmen. Mein Reiseführer hatte die Stadt ja quasi als nicht sehenswert eingestuft. Dem ist aber doch zu widersprechen.
Beginnen wir am Bahnhof, was für uns als Bahnreisende auch nahe liegt. Das Empfangsgebäude wurde 1889-91 errichtet vom ungarischen Architekten Ferenc Pfaff, der mit einer gleisseitig in das Gebäude eingelassenen Gedenktafel geehrt wurde. Der Bau weist an der Fassade zur Stadt hin einige klassizistische Elemente auf:
Ob es sich beim letzten Bild um kleine Einschusslöcher handelt, wissen wir nicht.
So sieht der Bahnhof gleisseitig aus:
Ein Zug aus Ogulin fährt ein:
Ein Schwertransportwaggon ist vor den markanten Speichergebäuden zu sehen:
Der Verkehr hält sich in Grenzen. Der dünne Abfahrtsplan zeigt auch, welche Bedeutung die Bahn in Kroatien gegenwärtig hat. Pünktlich nach Ostern und quasi mit Eröffnung der Saison verkündete der kroatische Verkehrsminister nochmals einschneidende Kürzungen bei den Verkehrsleistungen auf der Schiene. Dazu passt die Äußerung einer Kroatin, die meinte, sie fahre nie mit dem Zug und kenne auch niemanden, der mit dem Zug fahre ...
Das großzügige Empfangsgebäude bietet den relativ wenigen Reisenden, also uns auch, jede Menge Platz zum Organisieren, Umpacken, Picknicken, Ausruhen und was man sonst so bei Ankunft, Abfahrt, Umstieg so alles machen kann:
Teilweise ist der Lack ab:
Früher war dies wahrscheinlich einmal eine prominente bzw. beachtete Ecke im Bahnhof, denn hier hängt – heute völlig unbeachtet und wohl weitgehend vergessen in einem heruntergekommenen Durchgang – diese Tafel:
Erinnert wird an den faschistischen Terror, wie die Tafel sagt, und die Kämpfer dagegen:
In der Nähe des Bahnhofs steht auch dieses Denkmal:
Wir wissen nicht genau, was dieser Herr da gerade tut, es sieht so aus, als repariere oder sabotiere er mit seinem Gewehr das Gleis:
Die Straße vor dem Bahnhof erinnert mit ihrem Namen an König Kresimir IV., auch „der Große“ genannt, weil Kroatien unter seiner Regentschaft (1058-74) eine nicht wieder erreichte territoriale Größe hatte. Im Gegensatz zu dieser Pracht scheinen die Häuser im Bahnhofsviertel zu stehen. Hier scheint der sozialistische Zustand irgendwie eingefroren, an den Häusern wurde und wird wenig gemacht (warum? billiger Wohnraum, der nichts abwirft für Renovierungen?). Gerade deshalb aber versprüht dieses Viertel einen gewissen Charme (wenn wohl auch nur für uns als Besucher):
Die Häuser sind nicht einmal schmucklos, wie man z.B. hier sehen kann:
Wir ziehen weiter zur Anhöhe Trsat mit Burg und Marienwallfahrtskirche.Vom Hügel aus fallen die Hochhäuser Rijekas bei passendem Gegenlicht richtig auf:
Für die Bewohner aber sollte sich die Aussicht auf die Bucht wohl lohnen:
Von der Burg Trsat bietet sich u.a. auch dieser Blick auf die Autobahn, die viele von Euch schon befahren haben werden:
Die Burg von Trsat geht auf römische Ursprünge zurück. Allerdings ist das heute zu sehende Ensemble jünger, es erstand erst im 19. Jhdt. wieder auf aus Ruinen:
Blick nach unten auf den „Fluss“, welcher der Stadt den Namen gab:
Auf dem Weg zurück Richtung Wallfahrtskirche erleben wir noch ein Meisterschaftsspiel der Boca-Liga. Ein schönes Bild entschleunigten Lebens:
Die Kirche der Muttergottes von Trsat wird als ältester und bedeutender kroatischer Marienwallfahrtsort gesehen:
Der damalige Papst Johannes Paul II weilte 2003 hier zu einem Besuch. Seine Statue vor der Kirche weist blankgeriebene, betende Hände auf, und es ist auffallend, wie vielen Besuchern hier oben daran gelegen ist, diese Hände zu berühren und sich mit Johannes Paul II fotografieren zu lassen:
Was wir hier oben sehen, ist doch wirklich ein schönes Stück Rijeka und kann guten Gewissens für einen Besuch empfohlen werden. Der Stadtbus fährt für wenig Geld relativ häufig hier hoch, so dass man als Autofahrer auch Parkplatz-Stress vermeiden kann.
Weiter geht es dann von Rijeka Richtung Rovinj, zuerst per Bahnbus und dann per Triebwagen, in den wir auf dem kleinen Bahnhof Lupoglav umsteigen müssen. Hier muss gewartet werden, die Situation vor Ort scheint den Zustand der Bahn zu symbolisieren: Alle Signale stehen auf rot, der abgestellte Triebwagen ist zugeschmiert (wird aber so eingesetzt …):
Das verblassende Bahnhofsschild und die kleine Funzel passen da gerade ins Bild:
Ja Schwester, könnten Sie nicht einmal im Eisenbahnhimmel ein gutes Wort einlegen für die Bahn hierzulande, es ist teilweise doch zum Erbarmen?:
Oh ja, sie kann. Ein halbes Jahr später erfährt man, dass der Eisenbahnverkehr hier in Istrien nicht nur nicht eingestellt wird, sondern der grenzüberschreitende Verkehr über Buzet nach Slowenien sogar wieder verdoppelt wird – auf zwei Züge am Tag, mit saisonaler Direktverbindung bis Ljubljana.
Unser letzter Umstieg auf dem Weg nach Rovinj erfolgt dann in Kanfanar, gelegen an der Bahnlinie Divaca – Lupoglav – Pula. Hier wieder ein nettes Erlebnis. Wegen der Wartezeit in diesem kleinen, idyllisch-verschlafenen Bahnhof Kanfanar erkunden wir die Umgebung und stoßen wieder auf die Gleise, die hier teilweise original seit Ende des 19. Jahrhunderts liegen. Der Bahnhofsvorsteher ist zufrieden, dass man sich für den Betrieb interessiert. Er kennt uns übrigens seit Jahren, da wir immer die einzigen Touristen sind, die hier ankommen und abfahren – wohl ein skurriles Bild für die Gäste der Bahnhofsgaststätte. Der Mann mit der roten Mütze jedenfalls verabschiedet uns am Ende des Urlaubs immer auf Deutsch mit „Auf Wiedersehen und gute Fahrt!“, und nun, bei unserer Ankunft, bittet er uns in seine Diensträume und zeigt uns stolz die originale Sicherungstechnik mit den Stelltischen, auf denen die Gleisverhältnisse in Kanfanar zu sehen sind – übrigens einschließlich des in den 60er Jahren stillgelegten Abzweigs nach Rovinj:
Wir hören gespannt zu, während er uns auf Deutsch etwas zum Thema Bahn in Istrien erzählt und verpassen fast den Bus, der uns nach Rovinj bringt, unserem Zielort.
Von da können wir im nächsten Beitrag dann noch einige Impressionen zeigen.
Danke für die Aufmerksamkeit, einen schönen Sonntag wünscht der
Eisenbahner